Bericht von Friederike Hauschulz für den ASVzR
Drei Uhr morgens in Rostock. Max klingelt an meiner Tür und ich torkele im Halbschlaf nach unten um meine Sachen ins Auto zu laden. Die Vorfreude am Vortag war zwar groß, aber die lange Reise die uns noch bevorsteht dämpft die Motivation doch ein bisschen. Mit dem Auto werden wir von Rostock nach Berlin fahren, dort in den Flieger nach Venedig steigen und dann weiter mit Zug und Bus nach Verona und Mori und schließlich nach Torbole am Gardasee gelangen. Gefühlt also eine halbe Weltreise. Zum Glück (oder leider?) haben wir leicht gepackt, Gepäck im Flieger ist teuer und wir armen Studenten haben je ein Handgepäck plus einen Koffer den wir uns teilen. Klingt nach viel, aber da wir vor Ort zelten wollen ist ein Großteil des Koffers mit Zelt, Isomatte und Schlafsack belegt. Ins Handgepäck passen nur die Segelsachen mit sämtlichen Lagen Neopren die ich auftreiben konnte (ich bin eine bekennende Frostbeule) und letztendlich kann jeder nur drei Shirts und ein bisschen Unterwäsche mitnehmen. Aber wir sind ja sowieso unterwegs um zu Segeln und nicht um gut gekleidet zu sein.
Der Koffer besteht die Reise überraschenderweise unbeschadet und ohne seinen Inhalt im Zug zu verteilen, obwohl ich mich frage wie wir die Sachen auf der Rückreise wieder hinein bekommen sollen. In Torbole angekommen richten wir uns auf dem Zeltplatz ein, Camping Maroadi heißt er und liegt direkt am Hafen. Für Wohnwägen und Wohnmobile ist es hier sicher toll, wir würden einen anderen Untergrund als Steine bevorzugen, aber das lässt sich wohl nicht ändern. Ausgleichendes Highlight sind die Zeltplatz-Enten, die keinerlei Scheue zeigen und in unseren offenen Taschen nach Essen suchen.
Danach geht es ans Aufbauen des Bootes; Marcus Krämer hat uns ein Leihboot mitgebracht und es steht auf der Wiese gleich nebenan. Abends gibt es ein kleines Kennenlern-Essen, Marcus kennt schon die guten Restaurants in der Gegend und so gehen wir mit den anderen Teilnehmern des Trainings (ca. zehn Aero-Segler und zwei weitere 500er-Teams) Pizza essen. Wir gehen aber früh ins Bett, denn es steht uns ein langer Tag bevor.
Unser erstes Training beginnt mit viel Theorie – wie bewege ich mich im Boot, wohin verlagere ich mein Gewicht für ein Rollwende und wohin setze ich dabei meine Füße? Alles Dinge die man eigentlich weiß, aber nicht unbedingt immer beachtet. Da der morgendliche kalte Nordwind (Vento genannt) ausbleibt, probieren wir zunächst an Land herum, bis wir nach dem Mittag mit der Ora (dem warmen Südwind) rausfahren und die besprochenen Manöver auf einem kleinen Kurs üben.
Am zweiten Tag haben wir Sonne satt und segeln bis wir wirklich nicht mehr können. Ich bin sehr froh meinen gesamten Kleiderschrank an Segelsachen mitgenommen zu haben und auch zu tragen, denn trotz der Sonne die auf uns herunterbrutzelt ist das Wasser frisch und kühlt einen in jeder Kenterung ab. Und davon gibt es reichlich. Nach dem Segeln bleibt noch Zeit um uns das Örtchen anzugucken und uns einen Sonnenbrand abzuholen.
Der dritte Tag sollte eigentlich einen längeren Ausflug beinhalten, mit dem Vento unter Gennaker nach Malcinese zu gleiten, in der Mittagsflaute etwas zu essen und mit der Ora zurück nach Torbole zu segeln. Dank des kränkelnden Wetters und damit mangelnder Thermik sind wir leider nur bis Limone gekommen, aber der Tag war trotzdem schön.
Was uns vorher an Wind gefehlt hat, kommt am vierten Trainingstag obendrauf. Auf dem See baut sich richtig ein bisschen Welle auf und der Wind ist wahrscheinlich der stärkste und stetigste bei dem wir je gesegelt sind. Kurzum: ein hammer Wetter. Wir werden total verwöhnt sein und nie wieder zuhause auf der Warnow segeln wollen.
An Tag fünf hat es sich leider ausgepustet, unseren Abschlusstag feiern wir in der Flaute plantschend. Aber auch heute lernen wir Neues: man kann einen Aero leicht aus dem Wasser kapern oder zu zweit fahren, 500er macht auch zu dritt mit „Doppeltrapez“ Spaß, alternativ auch alleine unter Gennaker. Zum Boote abbauen ist natürlich wieder Wind, aber wir ärgern uns nicht; wir haben unser Training am Gardasee voll ausgenutzt. Unser Trainer Christian Uhlig hat uns viele gute Hinweise gegeben und unsere Manöver haben sehr viel mehr Routine bekommen. Über viel Wind können wir jetzt nur noch lachen. Wir haben neue Freunde gefunden (Andi und Stefan aus Göttingen werden uns mit ihrem 500er im Oktober für ein Training auf der Ostsee besuchen kommen), aber vor allem haben wir viel Spaß gehabt.
Mit diesen Gedanken bauen wir am nächsten Morgen im Regen unser Zelt ab und sitzen zu zweit auf meinem Koffer, damit er zugeht. Dann geht es an die lange Heimreise.